Küstencookie
Nich' lang schnacken - einfach backen!
Rezepte und me(e)hr
Der "Hausfreund" der 80er: Hermann💕
Es war Ende der 80er-Jahre. Damals war ich gerade im letzten Ausbildungsjahr, als er bei mir einzog. Sein Duft, sein weicher, heller Teint - er war schlicht und ergreifend eine Versuchung, der auch ich nicht widerstehen konnte... und so ließ ich mich von ihm verführen. Ich umsorgte ihn, gab ihm, was er liebte und wollte, fütterte ihn, knetete und rührte ihn ... ihn, den Casanova unter den Kuchenteigen: Hermann. Sicher erinnern sich noch viele an dieses Phänomen - wobei es in den 80ern sehr viele Phänomene gab. 😄 Aber für alle, die die 80er und Hermann nicht kennen: Hermann ist ein Kuchenteig auf Sauerteigbasis, der durch "Fütterung und Pflege", also Zugabe von Zutaten, über mehrere Tage gären und wachsen darf. Dann wird er geteilt und wie ein Kettenbrief mit Begleitschreiben, dem berühmten "Hermann-Brief", weitergereicht an Freunde und Bekannte. Selbstverständlich behält man einen Teil und backt einen sehr leckeren Kuchen daraus, sowie einen weiteren Teil, der erneut gefüttert und gepflegt wird. Bei uns kursierte der "Hermann-Virus" monatelang - ich glaube fast sogar jahrelang. Und weil Hermann sehr flexibel sein kann, wurden immer wieder neue Backkreationen ausgedacht, so dass trotz der Hermann-Flut eigentlich keiner war wie der andere. Irgendwann war diese Welle vorbei und Hermann schien vergessen zu sein - verdrängt von anderen kulinarischen Modeerscheinungen. Aber seit einiger Zeit taucht er immer mal wieder auf. Ja, Hermann hat die Zeit überlebt! 😄 Der Kultkuchen der 80er ist noch da! Und wer weiß, vielleicht erlebt er sogar ein ganz großes Comeback. Gerade jetzt, in unserer merkwürdigen, von Corona geprägten Zeit, taucht Hermann immer öfter auf. In vielen Geschäften gibt es wenig oder gar keine Hefe mehr zu kaufen. Da kann ein selbst angesetzter Sauerteig durchaus hilfreich sein, zumal man ihn nicht nur teilen und so vielen Menschen helfen kann. Der Teig lässt sich auch sehr gut einfrieren. Lohnen würde sich das auf jeden Fall, denn wie gesagt: der Casanova unter den Kuchen ist eine Versuchung wert.🤗 Tipps: Hermann möchte gepflegt werden. Dafür bedankt er sich theoretisch mit ewigem Leben. Wichtig ist, dass Hefen und Milchsäurebakterien nicht gefährdet werden. Sie dürfen während der Reifezeit niemals mit Metall in Berührung kommen. Deshalb müssen Schüsseln und Rührlöffel aus Kunststoff, Keramik oder Plastik sein. Besonders wohl fühlt sich Hermann, wenn er nach den ersten beiden Tagen im Kühlschrank wohnen darf. Ein angenehmer Hefeduft ist Zeichen dafür, dass Hermann wohlauf und frisch ist. Schaumbildung ist normal, sie zeigt den Gärprozess an. Wenn Ihr mal keine Abnehmer für "Hermanns Kinder" habt, kann der Teig bis zu 4 Monate lang eingefroren werden. So Ihr Lieben, seid Ihr bereit für Euren neuen Hausfreund? Dann: Nich' lang schnacken - einfach backen! Hier kommt das Rezept: Das Hermann-Grund-Rezept: Zutaten für den ersten Ansatz: 1 Tasse (à 150 ml) Mehl 1 Eßl (ca. 25 g) Zucker 1/2 Päckchen Trockenhefe 1 Tasse lauwarmes Wasser Zutaten zum Füttern: (Tassengröße 150 ml) 2 Tassen Mehl 2 Tassen Zucker 2 Tassen Milch Zubereitung: Schritt 1 : Teig ansetzen Mehl in einer gut verschließbaren Schüssel oder Einmachglas (nur mit Kunststoff- oder Glasdeckel) mit Zucker und Hefe vermischen. Wasser zugeben und alles mit einem Löffel aus Holz oder Kunststoff zu einem glatten Teig verarbeiten. Das Gefäß mit dem Deckel verschließen. Zwei Tage bei Zimmertemperatur stehen lassen, dann 2 Tage im Kühlschrank gehen und gären lassen. Einmal täglich mit einem Holzlöffel umrühren. Am darauffolgenden Tag beginnt die Pflege. Schritt 2 : Füttern und pflegen 1. Tag: Heute ruht sich Hermann bei Zimmertemperatur aus und gewöhnt sich an die Umgebung. Vom 2. bis 4. Tag möchte Hermann Ruhe und ein wenig Massage: täglich einmal umrühren. Am 5. Tag hat Hermann Hunger: Dafür 1 Tasse Mehl, 1 Tasse Zucker und 1 Tasse Milch zum Teig geben und alles gut verrühren. Vom 6. bis 9. Tag ist wieder Ruhe und Massage angesagt: einmal täglich durchrühren. Am 10. Tag hat Hermann Hunger: Dafür 1 Tasse Mehl, 1 Tasse Zucker und 1 Tasse Milch zum Teig geben und alles gut verrühren. Nun könnt Ihr den Hermann-Teig in 4 gleich große Portionen teilen. Eine Portion nehmt Ihr für Euren eigenen Kuchen, eine behaltet Ihr für Euren neuen Hermann und beginnt mit der Pflege bei Tag 1. Die übrigen Portionen verschenkt Ihr zusammen mit unten stehendem Brief an Freunde.
Backanleitung für einen klassischen Hermann-Kuchen: Zutaten: (Tassengröße: 150 ml) 1 Portion Hermann-Teig 2 Tassen Mehl 1 Tasse Zucker 1/2 Tasse Öl 1 Tasse Milch 3 Eier 2 Tl Vanillezucker 1 Prise Salz 2 Tl Backpulver ca. 1/2 Tl Zimt Optional: - 1-2 Tassen gehackte Nüsse oder Mandeln, Rosinen, Kokosraspel, Cranberries oder Schokostreusel, etc. - Puderzucker für die Deko Zubereitung: Den Backofen auf 180 °C Ober- und Unterhitze vorheizen. Alle Zutaten zu einem glatten Teig verrühren. In eine gut gefettete und bemehlte Gugelhupf- oder Kranzform geben. Im vorgeheizten Ofen bei 180°C ca. 55 Minuten backen. Stäbchenprobe nicht vergessen! Der Hermann-Brief zum Kopieren und Ausdrucken: